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Bericht zum Jubiläumsfest 1987

Das Königssilber der Schützenbruderschaft

Das Königssilber der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft zu Gladbach, Kreis Düren von Stadt- und Kreisarchivar Dr. Hans J. Domsta.

Die Gladbacher Schützenbruderschaft besitzt ein recht bemerkenswertes Königssilber. Es besteht aus dem Vogel und mehr als 130 Schützenschilden. Der Vogel und fast alle Schilde sind aus Silber. In diesem Beitrag soll nun einmal der Frage nachgegangen werden, woher das Gladbacher Schützensilber stammt.

Zunächst einige Vorbemerkungen: Jeder König hat einen Schild zu stiften, und so müssten, wenn man 1712 als Gründungsjahr annimmt, eigentlich 274 Schilde vorhanden sein. In früherer Zeit hat man jedoch gelegentlich Schilde zum Einschmelzen verkauft, um mit dem Erlos Verpflichtungen der Bruderschaft decken zu können, einzelne Könige versäumten es, einen Schild zu stiften, und in Kriegszeiten fiel der Vogelschuß aus. Der Gladbacher Lehrer Joseph Cloot hat darüber 1933 berichtet In den vergangenen Jahrhunderten war das Edelmetall Silber sehr teuer und der Lohn für einen Goldschmied, der einen Schild in Auftrag erhielt, niedrig. Deshalb sind viele alte Schilde auch nur aus dünnem Silberblech, manche wiegen nur 3O oder 40 Gramm. Heute liegen die Verhältnisse etwas anders. Ein
Kilogramm Feinsilber kostet zur Zeit an der Edelmetallbörse etwa 330,- DM, und so kann sich ein König durchaus einen Schild leisten, der 100 oder 150 Gramm wiegt.

Wer Silbergerät kauft, will sicher sein, dass er einen Gegenstand erwirbt, der insgesamt aus Edelmetall gefertigt und nicht etwa nur versilbert ist. Diesem berechtigten Interesse der Käufer dient die Stempelung mit Garantiemarken. Im Deutschen Reich muss seit 1888 auf jedem Gegenstand angegeben sein, wie viel reines Silber er enthält. Der Stempel 800 besagt, dass in 1000 Teilen der Masse 800 Teile Silber und 200 Teile anderes Metall, z.B. Kupfer, enthalten sind. Bis Ende des 19. Jahrhunderts rechnete man mit Lot: Von 16 Teilen der Masse waren meist 12 oder 13 Teile reines Silber, die restlichen 4 oder 3 Teile unedles Metall, und der verfertigte Gegenstand bekam die Zahl 12 oder 13 eingeschlagen. Vergleichbare Regelungen gab es seit dem späten Mittelalter in fast allen Städten, in denen Goldschmiede ansässig waren. Auf den fertigen Gegenstand schlug der Goldschmied sein Meisterzeichen auf, meistens seinen Vor- und Familiennamen als Monogramm. Eine Kommission der Zunft oder ein besonders vereidigter Meister prüfte die Echtheit des Stücks, und dann erst wurde die städtische Garantiemarke, das so genannte Beschauzeichen,
aufgestempelt. Als Beschauzeichen diente meistens das Stadtwappen: Zum Beispiel in Köln die Kronen der Heiligen Drei Könige und die als Symbol der 11 000 Jungfrauen aus der Ursula-Legende gedeuteten Flämmchen, in Düsseldorf seit dem frühen 18. Jahrhundert Löwe und Anker, in Düren Adler und Löwe, doch kommt für Düren auch ein besonders geformtes D vor. Manche Städte benutzten zur näheren Identifizierung noch zusätzliche Buchstaben des Alphabets, so genannte Jahresbuchstaben, die entweder für einen längeren Zeitraum oder tatsachlich nur für ein Jahr in Gebrauch blieben. Auf diese Weise ist es manchmal möglich, auch undatierte Gegenstände exakt zu datieren. Vermag man dann auch noch die Meisterzeichen und die Beschauzeichen aufzulösen, dann gewinnen diese meistens sehr kleinen und unscheinbaren Marken, die man leicht übersieht, plötzlich einen
ganz besonderen Aussagewert. Nun sind Schützenschilde ja fast immer genau datiert. Mit ihrer Hilfe ist es also auch möglich, den zeitlichen Gebrauch von Meister- und Beschauzeichen, die auf anderen undatierten Gegenständen vorkommen, ge-
nauer zu datieren.

Unter diesen vorgenannten Aspekten soll hier nun das Gladbacher Königssilber untersucht werden. Beginnen wir mit dem 180 Gramm schweren Vogel. Eine Baumscheibe des Astes, auf dem er sitzt, zeigt graviert das Wappen Palant und das Monogramm MFFVP = Marsilius Ferdinand Freiherr von Palant. Er war Inhaber der Herrschaft Gladbach und starb 1711. In die Öse auf dem Rücken des Vogels sind zwei Marken eingeschlagen: 1) Das zwischen 1692 und 1712 in Köln benutzte Beschauzeichen und 2) die rechte Hälfte des Meisterzeichens des Kölner Goldschmieds Gerhard Dorn. Dorn, der 1646 in Köln geboren wurde und dort 1708
starb, benutzte zwei leicht voneinander abweichende Marken. Die Marke auf dem Gladbacher Vogel ist von etwa 1680 bis 1706 nachgewiesen, danach benutzte Dorn
bis zu seinem Tode eine andere Marke (2). Der Gladbacher Vogel ist also nach 1692
und vor 1708 angefertigt worden und die St. Sebastianus-Bruderschaft kann demnach 1987 auf ein gesichertes Alter von mindestens 280 Jahren zurückblicken.

Der älteste Schild ist 1712 datiert und trügt den Namen des Adolf Wilhelm Freiherr von Palant, der damals den Vogel abschoß. Er war ein Sohn des Marsilius Ferdinand. An dem Schild ist die ursprüngliche Öse, auf der sich Marken befunden haben können, abgebrochen und man hat, um den Schild wieder befestigen zu können, ein Loch durch die Krone über dem Palant'schen Wappen gebohrt.

Adolf Wilhelm heiratete 1720 Maria Anna Magdalena von Harff-Dreiborn, starb aber schon 1722. Der einzige Sohn aus dieser Ehe, Johann Adolf Friedrich Kasper Anton Josef, wurde 1725 im Alter von etwa 4 Jahren Schützenkönig (3). Die Marken auf seinem Schild zeigen, dass die Witwe ihn 1726 (Jahresbuchstabe M) in Düsseldorf beim Goldschmied WI (oder IM?) anfertigen ließ (4). Die weiteren erhaltenen Schilde des 18.-20. Jahrhunderts sind, von Ausnahmen abgesehen, von Dürener Goldschmieden hergestellt worden, jedoch enthalten
viele Schilde keine Marken. Nachstehend sind die Namen der Goldschmiede, deren Lebensdaten und die von ihnen verfertigten Schilde mit deren Jahreszahlen
angegeben.